31. Dezember 2017

Rezension: "HoN - Versucht" von P. C. Cast & Kristen Cast


Titel: House of Night - Versucht
Autor: P. C. Cast & Kristen Cast
Verlag: Fischer
Preis: 16,95€
Seiten: 608

Noch nie habe ich eine Reihe gelesen, bei der ich mehr Ausdauer beweisen musste, als bei „House of Night“. Würde ich selbst einmal eine Buchreihe schreiben, würde ich wohl nie auf den Gedanken kommen, sie über 12 Bücher zu ziehen. Doch die Autorinnen P.C. Cast und Kristen Cast sind da anders und strecken ihre Geschichte, rund um die Jungvampir-Hohepriesterin Zoe und ihre Freunde. Und obwohl ich wirklich meine Probleme mit verschiedenen Facetten der Geschichte habe (Beziehungsfünfeck inzwischen und nervige Protagonistin), muss ich zugeben, dass sie es insgesamt ganz gut machen. Der Erzählfluss ist von Buch zu Buch ungestört, die Handlung wird zwar gezogen, hat aber immer wieder innovative Einschläge und irgendwas passiert in Zoes Leben ja immer. Der sechste Teil „Versucht“ hat mir gut gefallen, obwohl ich fast dachte, dass es nach dem guten fünften Band wieder bergab geht. Doch weit gefehlt: Das Niveau hält sich und „Versucht“ wird zu einem guten Buch zum Abschalten.

Nachdem Zoey und ihre Freunde Kalona und Neferet aus Tulsa vertrieben haben, hätten sie eigentlich eine Pause verdient. Aber obwohl Zoey und ihr sexy Krieger Stark sich erst einmal von ihrer Begegnung mit dem Tod erholen müssten und auch die Jungvampyre die Nachwirkungen von Neferets Terrorherrschaft zu verarbeiten hätten, ist ihnen allen keine Ruhe vergönnt. 
Stevie Rae glaubt mit ihren außergewöhnlichen Kräften gut allein all das regeln zu können, was sie vor ihren Freunden verheimlicht. Doch eine mysteriöse und beängstigende Macht breitet sich in den Tunneln unter Tulsa aus. Aber Stevie Rae will nicht sagen, was dort vor sich geht und was sie dort gemacht hat. Allmählich beginnt Zoey sich zu fragen, ob sie ihr überhaupt noch vertrauen kann.
Werden sie die richtigen Entscheidungen treffen oder werden dunkle Mächte das House of Night zerstören?


Wow, mal ein richtig ausführliches Klappentext des Buches. Er trifft durchaus zu, meiner Meinung nach kann man in ihm aber schon ein paar Schwächen des Buches erraten – wobei es sich hier vielmehr um Schwächen der Reihe und nicht dieses spezifischen Buches handelt. Inzwischen habe ich mich mit vielem in „HoN“ abgefunden. Vor allem versuche ich nicht mehr so streng zu Zoe zu sein. Ich fand sie immer sehr nervig, arrogant und egoistisch. Außerdem ist sie nicht der Mensch, der monogam leben kann und das ist für mich eigentlich das größte Problem an ihr: Ihre Jonglage mit den Männern. Manchmal verwenden die Autorinnen deutlich zu teeniebehaftetes Vokabular (Klappentext: „ihr sexy Krieger“ – ah ja), was ein bisschen lächerlich wirkt. Insgesamt muss ich aber sagen, dass Zoe langsam zu reifen beginnt und das habe ich in diesem Teil erstmals gespürt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich Zoe jemals richtig mögen werde, aber ich beginne sie zu akzeptieren. 
Außerdem hat „Versucht“ eine Neuerung an sich. Es ist das erste Buch der Reihe, das sich nicht auf Zoes Perspektive beschränkt. Die meisten Kapitel sind zwar weiterhin aus ihrer Sicht geschrieben, doch andere Kapitel schildern die Sicht von Stevie Rae, Aphrodite oder Rephraim. Bei plötzlichen Erzählerweschseln bin ich eigentlich immer skeptisch. Des Weiteren bin ich an Zoes Perspektive gewöhnt, ich erkenne aber auch den Vorteil des Perspektivwechsels. So erschließen sich dem Leser ganz andere Dimensionen, man bekommt von verschiedenen Geschehnissen mehr mit, wenn Zoe eben gar nicht an Ort und Stelle ist. 
Genau das wird in diesem Buch auch wichtig, denn Stevie Rae mausert sich immer mehr zur zweiten Protagonistin, die einen neuen Handlungsstrang eröffnet. Sie wird ebenfalls als Hohepriesterin angesehen, allerdings als die der roten Vampire. Damit hat sie eine ganze Menge Macht und weitere Probleme, die sie ihren Freunden noch nicht anvertrauen möchte. Wichtig ist für „Versucht“ die Beziehung zwischen Stevie Rae und Rephaim, mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte, die ich aber interessant finde. Die Geschichte entwickelt sich und das auf jeden Fall zum Positiven! 
Die Charaktere, die eine starke Freundschaft verbindet, beginnen auch selbständig zu werden. In diesem Zusammenhang gefallen mir Aphrodite und Darius mit Abstand am besten. Die Zwillinge spielen in diesem Teil nur eine sehr kleine Rolle, was mir nichts ausmacht, da ich die beiden noch nie authentisch fand. Damien und Jack gefielen mir weiterhin sehr gut. Stark ist für mich noch ein wenig ambivalent, doch er hat Potenzial. Nervig ist nur, dass er Zoe – seine Lady – so sehr chauffiert. Aber tun sie das nicht alle? Ich war immer ein großer Fan von Erik, allerdings entwickelt dieser sich negativ, so dass die Autorinnen ihn langsam auszublenden beginnen. Bleibt noch Heath, Zoes menschlicher Gefährte. Ich wusste, dass es irgendwann so weit kommt, wie beim fiesen Cliffhänger dieses Bands. Heath ist ein netter Kerl, aber eigentlich hatte er doch was Besseres verdient, als Zoe. Aber gut, seine Entscheidung. Es gibt eine große Charaktervielfalt und für jeden Leser sollte etwas dabei sein. Lustigerweise gefallen mit immer die absoluten Nebenfiguren am besten, wie hier Schwester Mary Angela oder Zoes Grandma. Zuletzt sei noch ein Wort zu den Bösewichten gesagt. Neferet und Kalona sind schwer zu durchschauen und auch ich war verwirrt, doch hier finde ich die beiden Figuren sehr gut gelungen. Beide sorgen für Chaos und ich bin gespannt, wie es mit ihnen weitergeht.
Insgesamt ist das Ende wirklich fies und der Klappentext des nächsten Bandes klingt merkwürdig. Aber jeder HoN-Band hat ein gemeines Ende, hier wird es allerdings wirklich emotional und man möchte wissen, was nun passieren wird.
Der Erzählstil ist simpel, es steht nicht viel auf einer Seite und deswegen kommt man sehr schnell durch die mehr als 550 Seiten. Die verwendete Sprache ist jugendlich, manchmal etwas zu krass, aber alles in allem sehr gut lesbar.



Inzwischen bin ich im „House of Night“ Universum angekommen. Immer wenn ich zum nächsten Teil greife, ist das Vorangegangene sehr präsent und man kommt immer wieder gut in die Geschichte. „Versucht“ ist ein gutes Buch, das das Level konstant hält. Mich hat der sechste Teil wunderbar unterhalten. Ich würde nicht von super viel Spannung sprechen, aber die Geschichte hat mein Interesse geweckt und hat ihren eigenen Charm. Die Autorinnen schaffen es durch ihren flüssigen und einfachen Stil immer wieder, mich abzuholen. Und deswegen habe ich Zoe und ihre Freunde, die ein sehr starkes Band verbindet, wieder gern begleitet. Das Ende ist ganz furchtbar und gemein und deswegen werde ich auch bald weiterlesen. „Versucht“ bringt mich in die Versuchung wieder vier Spitzenschuhe zu vergeben – und dieser Versuchung gebe ich gern nach.



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